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2012

Ausgewandert - und was wird aus den Jugendlichen?

Dieter Schütz / pixelio.de

Neue Sonderklasse im Bereich „DaZ - Deutsch als Zweitsprache“ an der Max-Eyth-Schule Alsfeld verbessert ab August 2012 die schulischen und beruflichen Startchancen für junge Leute aus aller Welt.

DaZ - ist die Abkürzung für Deutsch als Zweitsprache und steht damit für einen fremdsprachlichen Deutschunterricht im Land der zu lernenden Sprache selbst. In unserem Falle handelt es sich um einen elementaren und praxisorientierten Deutschunterricht für junge Menschen, die mit dem Ziel nach Deutschland kommen, hier zu bleiben und die deutsche Sprache und Kultur benötigen, um sich überhaupt integrieren zu können. Eine Zielsetzung, die besonders vor dem Hintergrund der neuesten Bildungsstatistiken notwendig geworden ist.
Überdurchschnittlich viele junge Leute mit Migrationshintergrund erlangen häufig keinen Schulabschluss oder bleiben ohne Ausbildungsplatz, obwohl sie die erforderlichen mentalen und charakterlichen Voraussetzungen dafür hätten. Eine besondere Gruppe innerhalb dieser Klientel stellen Flüchtlingskinder und erst seit kurzem in Deutschland wohnende ausländische Jugendliche dar, denen sich die Max-Eyth-Schule als Europaschule und aufgrund jahrzehntelanger Erfahrung im Deutschunterricht als Zweitsprache besonders verpflichtet fühlt.

Besondere schulische Situation von Flüchtlingskindern

Um die besondere schulische Situation von Flüchtlingskindern und junger Erwachsene kurz nach ihrer Flucht, besser zu verstehen, betrachten wir einmal kurz das afghanische Geschwisterpaar Ari (13) und Hassan (15) Haskani. Nach einer abenteuerlichen Odyssee aus Mazar e Sharif in Afghanistan, über den Balkan nach Europa, kamen sie ohne ihre Eltern und vom Krieg in ihrem Heimatland traumatisiert nach Deutschland und leben jetzt in einem betreuten Jugendwohnheim in Hessen. Ohne Deutschkenntnisse, als lateinische Analphabeten mit der Bildung einer afghanischen Koranschule, sollen sie vormittags nun dem Unterricht der Klassen 7 und 9 einer hessischen Gesamtschule folgen und nachmittags ihre Deutschkenntnisse verbessern - eine schulische Integration, die so einfach nicht gelingen kann. Die Folgen dieses bildungspolitischen Spagats sind gerade bei jungen Heranwachsenden unausweichlich und reichen von Nichtversetzung, Ausgrenzung, Isolation über psychische Erkrankungen bis hin zu Aggression, Schulverweigerung und beruflicher Perspektivlosigkeit.

Neue Sonderklasse "DaZ"

Damit Flüchtlingskinder zwischen 13 und 20 Jahren im Vogelsbergkreis einen besseren Schulstart haben, geht die Max-Eyth-Schule Alsfeld zusammen mit dem staatlichen Schulamt Gießen/Vogelsbergkreis ab August 2012 innovative Wege. Mit dem neuen Schuljahr wird es eine Sonderklasse "DaZ" (Deutsch als Zweitsprache) geben, die als Intensivlerngruppe vor allem ältere Kinder und Jugendliche besser auf den Schulstart vorbereiten soll. Möglichst schnell, effizient und nachhaltig sollen die Schülerinnen und Schüler dieser Klasse Deutsch lernen, um es dann im schulischen und beruflichen Alltag anwenden zu können. Lernatmosphäre schaffen, Lernstrukturen vermitteln, Lernmethoden eröffnen und Perspektiven aufzeigen, wollen die beteiligten Lehrkräfte und SozialpädagogInnen der Max-Eyth-Schule, damit der Start in der neuen Heimat gelingt und nicht zur Bildungsbauchlandung wird. Pädagogisch setzt man dabei genauso auf das Konzept des Miteinander- und Voneinanderlernens, wie auf die die behutsame Integration ins deutsche Bildungssystem. Der Stundenplan dieser Klasse besteht in der Anfangsphase im Wesentlichen zunächst aus Alphabetisierung, Phonetik, Schriftbildfestigung und systematischer Grundwortschatzerweiterung. Deutsch im Alltag anzuwenden ist primäres Ziel, das den Schülerinnen und Schülern die Angst vor Einkauf, Behördengang, Sportverein, neuer Freundschaft und Schule nehmen soll.
In Phase zwei wird dieser Grundwortschatz systematisch ausgebaut, um je nach Lerntempo dann das Niveau A1/A2 des europäischen Referenzrahmens für Sprachen zu erreichen. Dazu gehören wird der Fachwortschatz Deutsch in Naturwissenschaften, Mathematik und Technik genauso, wie informationstechnische Grundbildung als Basis für selbstorganisiertes Lernen.
Die neue Sonderklasse "DaZ" ist während des gesamten Schuljahres offen für neue Schülerinnen und Schüler und entlässt gleichzeitig je nach individuellem Lernfortschritt mitunter auch ihre Schützlinge bereits vor Schuljahresende in andere Schulformen.
Wenn Sie selbst von ausländischen Jugendlichen oder Kindern wissen, die erst kürzlich nach Deutschland gekommen sind und sich mit der sprachlichen Integration schwer tun, wenden Sie sich bitte an den zuständigen Abteilungsleiter der Max-Eyth-Schule Herrn Volker Weyandt oder an Frau Gromes vom Staatlichen Schulamt Gießen/Vogelsbergkreis.

Text Stefan Steiner