"Damit wollte ich den Schülerinnen und Schülern das Thema "Datenschutz und Datensicherheit" in Verbindung mit Computern möglichst realistisch näher bringen", begründet Breidt. Die erste Hürde war, den Laptop, der etwa 1990 in Betrieb genommen worden war, mit Strom zu versorgen, denn vom Flohmarkt kam er ohne Netzteil, und im Internet war auf Anhieb kein passendes Netzteil zu finden. Wie man auf dem Foto sieht, war die Lösung verblüffend einfach: die Schüler entfernten den Akku des Laptops und verbanden die frei gewordenen Anschlüsse mit einer passenden Stromquelle.
Mit Spannung wurde dann der Einschaltschieber gedrückt. Was keiner glaubte, geschah, der Laptop startete einwandfrei und es meldete sich ein MS-DOS, das etwa 1986 auf den Markt gekommen war. Zwar gab es damals keine grafischen Symbole, auf die man mit einer Maus hätte klicken können, doch ein unscheinbarer Prompt, C:\> auf einem schwarzen Bildschirm wartete auf Befehle, mit denen man die Festplatte untersuchen und Programme starten kann.
Die Befehle, die die Schüler heute nicht mehr verwenden aber lernen sollen, weil sie auch bei aktuellen Betriebssystemen noch funktionieren, waren schnell im Internet gefunden. Die Untersuchung begann. Schon aus Ordnernamen wie STUDIUM, DISS, VIKAR, HABIL, UNI, SCHULE und den jeweiligen Erstelldaten wurde der berufliche Weg des ehemaligen Eigentümers klar: Er hatte wohl Theologie studiert, seine Doktorarbeit geschrieben, als Vikar gearbeitet, seinen Professorentitel erworben und dann an einer Uni und in einer Schule gearbeitet.
Lehrer Breidt regte seine Schüler an, zu überlegen, wofür heute Computer benutzt werden. Schnell wurde klar, dass man dort viele sensible Daten finden kann: Kundennummern, Kontonummer, persönliche Daten, …, genug um sich bei den angeschriebenen Unternehmen als Kunde ausgeben zu können und z. B. Waren zu bestellen und an falsche Adressen liefern zu lassen. Diese, als Identitätsdiebstahl bezeichneten Straftaten, fallen Kriminellen umso leichter, je mehr Informationen sie über ihr Opfer haben.
Bei dem Uraltlaptop wendeten sich die Schüler dann den veröffentlichten Dokumenten in den Ordnern "Dissertation" und "Habilitation" zu. Sehr schnell fanden sie den Namen des Eigentümers und die Liste seiner Veröffentlichungen. Damit war es dann sehr leicht, im Netz den ehemaligen Eigentümer zu finden, der heute als Professor für Theologie an einer Hochschule lehrt. Lehrer Johannes Breidt rief bei ihm an und erfuhr die Geschichte des Laptops: Wie er ihn in den USA für fast 1000 Dollar gekauft hatte, und wie er den alt gewordenen Laptop schließlich bei einem Umzug in Mittelhessen zur weiteren Verwendung auf die Straße stellte, damit ihn vielleicht noch jemand sinnvoll nutzen könnte. Zu seinem Glück war der Laptop in wohlwollende Hände geraten: Breidt bot an, mit seinen Schülern die Daten zu sichern, sie dem Professor zuzuschicken und dann alle Daten auf dem PC sicher zu löschen. Der alte Laptop kann dann mit dem "Segen" des ehemaligen Eigentümers in unserer Schule bleiben.
An diesem Beispiel wurde den Schülern im Beruflichen Gymnasium, Schwerpunkt Datenverarbeitung, sehr deutlich, wie wichtig es ist, alte Festplatten sicher zu löschen, wenn man sie weggibt. Dafür gibt es kostenlose Programme wie DBAN, aber es finden sich auch Videos im Netz, auf denen alte Festplatten ausgebaut und dann mit einem Hammer sicher "gelöscht" werden.
Im neu benannten Schwerpunkt "Praktische Informatik" lernen die Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zum allgemeinbildenden Abitur vieles, was in den Bereichen Hard- und Software in der IT wichtig ist.
Natürlich auch die Grundlagen von Betriebssystemen und Datensicherheit mithilfe des uralten Laptops vom Flohmarkt.
Text und Foto: Johannes Breidt