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2015

Brüssel 2015

Oberer Reihe: Dominik Stradal (SV-Verbindungslehrer), Malte Pooth, David Koch. Untere Reihe: Marcel Müller, Jenny Hauck, Wewek Kapoor, Michael Koch (Europaschulkoordinator)

In regelmäßigen Abständen führen die Hessischen Europaschulen der Region Mitte als gemeinsames Europaschulprojekt eine Exkursion nach Brüssel durch, um interessierten Schülerinnen und Schülern der jeweiligen Schülervertretungen (SV) einen Einblick vor Ort in die Abläufe und Funktionen der Europäischen Kommission, des Europarates und des Europäischen Parlamentes zu vermitteln.

Ende Februar konnten sich fünf SV-Mitglieder der Max-Eyth-Schule Alsfeld zusammen mit den SV-Vertretern fünf anderer Europaschulen Mittelhessens unter dem diesjährigen Europaschulleitthema „Natürlich Europa“ auf eine Reise nach Brüssel begeben. Nach einer kleinen Irrfahrt durch Brüssel wurde schnell das Gepäck in das Hotel gebracht und schon ging es mit dem Programm los. Die Gruppe besuchte am späten Nachmittag die Hessische Landesvertretung und wurde dort sehr herzlich empfangen. Zuerst stand ein Gespräch mit Ulrich Sondermann an, der Abteilungsleiter im Personalauswahlbüro der EU (EPSO) ist. Er berichtete über die Auswahlverfahren und die Berufe im Europäischen Dienst sowie entsprechende Bewerbungsmöglichkeiten.

Anschließend nahmen die Schüler an einer Abendveranstaltung mit Podiumsdiskussion teil. Hierbei debattierten die Gäste über den Ruf Europas. Zuvor wurde den Schülern das Projekt „My Europe“, welches seine Ursprünge in Frankfurt gefunden hat, durch Prof. Dr. M. Pohl (Frankfurter Zukunftsrat) näher vorgestellt. Das Projekt versucht in 30 Ländern zu operieren, den 28 Mitgliedsländern sowie der Türkei und Schweiz. Sie gehen in Schulen und bieten zweitägige Workshops an. In den Workshops lernen die Teilnehmer viel über ein visionäres Europa, seine Ziele und Ideen. Unterstützt und begleitet wird dies durch den Austausch und die Diskussion über Visionen von Wirtschaft und Politik (Europa im Jahr 2030) mit Politikern, Unternehmern und Wissenschaftlern.

An der folgenden Podiumsdiskussion nahmen Mark Weinmeister (Hessischer Staatssekretär für Europaangelegenheiten), Michael Gahler (Europaabgeordneter der CDU für Hessen und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung) und Noora Löfström (Direktorin des Erasmus Student Network) teil. Moderiert wurde die Veranstaltung von dem freien Journalisten Eric Bonse. In der Diskussion selbst wurden aktuelle Themen innerhalb der EU wie die Probleme in Griechenland und die Radikalisierung der Politik in manchen Ländern behandelt. Durch Fragen aus dem Publikum wurde auch die Ukrainekrise ausführlich diskutiert und erörtert. Interessant war hier auch die Möglichkeit zur Simultan-Übersetzung der Diskussion in drei Sprachen über Kopfhörer. Alles in allem war es eine sehr interessante und informative Debatte. Der Tag endete mit ein paar Häppchen und der Reise zum Hotel.

Der nächste Tag begann im Europaparlament. Hierbei konnten die Schüler erste Eindrücke zur Arbeit im Parlament sammeln. Anschließend folgte das Gespräch mit Martina Werner, Europaabgeordnete der SPD Nordhessen und Stellvertreterin des Ausschusses für internationalen Handel und Mitglied des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie. Sie gab den Schülern einen Einblick in ihre Arbeit innerhalb EU. Unter anderem berichtete sie hierbei über Details ihrer Arbeit im Parlament und über das mögliche Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und den damit verbundenen Schwierigkeiten der Verhandlungen.

Der folgende Programmpunkt war die geplante Teilnahme am Miniplenum. Jedoch waren keine Tagespunkte für die frühe Uhrzeit angesetzt und die Abgeordneten gingen ihren weiteren Tätigkeiten nach. So hatte die Gruppe Zeit im Parlamentssaal mit Marcel Humuza, einem Mitarbeiter der Friedrich Ebert Stiftung, zu sprechen und ihm Fragen zu stellen. Er gab allgemeine Informationen zum Ablauf des Plenums im großen Sitzungssaal des Parlamentes. Er berichtete, dass jeder Abgeordnete das Recht habe, in der Muttersprache zu reden. Daher gibt es im EU Parlament die größte Anzahl von Dolmetschern auf der Welt. Was jedoch die Gruppe erstaunte, war das Verhalten der rechtspopulistischen Parteien, die die Arbeit im Parlament häufig boykottierten. Zum Beispiel durch Verzögerungen von Abstimmungen und der Ablehnung der allgemeinen Arbeit im Parlament. Demonstrativ werde hierbei etwa in Plenarsitzungen anderen Parteien der Rücken zugewandt, was mit demokratischer Toleranz wenig verbindet.

Nach einem Mittagssnack, welcher freundlicherweise von dem Land Hessen zur Verfügung gestellt wurde, folgte ein Gespräch in der hessischen Landesvertretung mit dem Leiter der Vertretung Friedrich von Heusinger, einem gebürtigen Kasseler. Angefangen mit einer kurzen Vorstellung seiner Zeit in Brüssel und wie er zu seinem Posten gekommen sei, erklärte er die Aufgaben der Hessischen Landesvertretung als solches. Die Hessische Landesvertretung vertrete die individuellen Interessen des Bundeslandes Hessen, wie zum Beispiel die der dort ansässigen Firmen. Es sei jedem Einwohner oder Arbeiter des Bundeslandes Hessen möglich, sich an die Landesvertretung Hessens zu richten und seine Probleme darzulegen. Bei der Bearbeitung dieser Probleme suche sich Hessen mitunter Hilfe und Unterstützung bei anderen Vertretungen oder Institutionen, denn die „Masse“ werde auch in der EU eher erhört als ein Einzelner. Dann stellten die Vertretungen ihre Anliegen bei der Europäischen Kommission vor. Weiterhin war es in diesem Zusammenhang sehr interessant zu erfahren, dass gegenwärtig 80% der deutschen Legislative von der EU beeinflusst werde.

Danach folgte ein Gespräch mit Wolfang Bärwinkel, einem Mitglied des Rates der EU. Dieser legte zunächst die Aufgaben des Rates ausführlich und anhand von Beispielen dar. Es war ein sehr interessanter Monolog, denn über die Medien erfährt man nur ganz wenig über die Arbeit des Rates innerhalb EU. Anschließend trat er mit uns, dem Publikum, in den Dialog und wir durften ihm fachbezogene Fragen jeglicher Art stellen. Herr Bärwinkel hat ein großes Wissen und wusste mit seiner Redensart einen jeden durchaus zu begeistern.

Michael Scheerer, ein Generaldirektor innerhalb der Europäischen Kommission und Journalist, klärte uns in der Folge über das Leben und Arbeiten eines Journalisten in Brüssel auf. Dies war für einige erschreckend, denn die Bedingungen seien seiner Ansicht nach immer schwieriger geworden und man werde auch in diesem Beruf immer schlechter bezahlt. Dennoch war er anschließend bereit, uns Fragen über seine Arbeit und die Politik der EU ausführlich zu beantworten.

Nachfolgend gab es Kaffee und Kuchen, was uns auch vom Land Hessen bereitgestellt wurde. Nach dieser kleinen Stärkung hatten wir Zeit zur freien Verfügung. Nach dem kulinarischen Highlight Brüssels, einem leckeren Carbonade Flamande (flämischem Biergulasch), verbrachten wir einen geselligen Abend in der Altstadt.   

Am letzten Tag ging es nach dem Frühstück in Richtung „Atomium“, wo unsere Stadtführung quer durch Brüssel mit unserem sympathischen Stadt-Führer „Luuk“ begann. Das „Atomium“ wurde 1958 zur EXPO´58 erbaut und sollte das Atomzeitalter und die friedliche Nutzung von Atomenergie symbolisieren. Heute werden einzelne Kugeln des imposanten Bauwerks als Ausstellungsfläche für Künstler, Übernachtungsmöglichkeit für Schulklassen und Restaurant genutzt.
Nach einigen generellen Informationen über Belgien und Brüssel ging es in die Stadt, damit verbunden sahen wir die Königsresidenzen. Danach das Verwaltungsviertel mit dem „Finance Tower“, den berühmten Marktplatz und dann ging es zur Kathedrale, wo die Bus-Tour endete und wir zu Fuß weitergingen.

Zum Abschluss hatten wir noch Freizeit, die zum Shopping und Sightseeing genutzt wurde - von Belgischer Schokolade bis Souvenirs war alles dabei. Um Punkt 13.00 traten wir dann den Rückweg nach Hessen an.

Alles in allem waren es drei schöne Tage, an denen man viel erlebte und man Europa von einer ganz anderen Seite kennen lernen konnte. Einige waren sogar so begeistert, dass sie sich nun vorstellen können für die EU direkt vor Ort zu arbeiten und die Vorzüge Brüssels zu genießen.