Wenn nicht alles täuscht, ist in der Max-Eyth-Schule in Alsfeld derzeit greifbar ein Stück Zukunft zu besichtigen. Denn die pinkfarbene Box, mit der die vierzehn Schüler der 12. Klasse des beruflichen Gymnasiums auf dem Weg zum Abitur gerade hantieren, ist weder eine Seifen- noch eine Spardose; vielmehr verbirgt sich im Inneren komplexe Technik wenngleich die auf der Platine befestigten Innereien eher an das minimalistische Innenleben eines alten Transistorradios erinnert.
Weit gefehlt: Die Schüler hantieren hier mit einem voll funktionstüchtigen Computer namens Raspberry Pi – wo bei anderen Produkten der schönen neuen Welt ein angeknabberter Apfel als Erkennungszeichen dient, ist es hier eben – so die deutsche Übersetzung – eine rote Himbeere in prächtigem Fruchtstand. „Warum also in Zukunft noch einen großer Tower mit sich herumschleppen, wenn man den Computer derart minimiert bei sich tragen kann?“, wirft Klassenlehrer Johannes Breidt ein Blick in eben diese Zukunft. Um die Entwicklung weiterzudenken: „Irgendwann wird das alles in einer Armbanduhr untergebracht sein.“
Dass die Schüler der 12. Klasse, welche den Schwerpunkt Datenverarbeitung gewählt haben, nun mit dem Himbeer-PC arbeiten können, ist einer Spende der OVAG zu verdanken. „Sowohl wir als auch die OVAG fühlen sich der Region verpflichtet“, verwies der stellvertretende Schulleiter Helmut Reitschky auf diese Gemeinsamkeit bei einem Besuch von Andreas Matlé, dem Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des kommunalen Versorgers, der die Geräte in Augenschein nahm. Reitschky weiter: „Die OVAG nämlich als Energieversorger und wir mit unserem Bildungsauftrag, engagieren uns für die Fachkräfte-Ausbildung in und für die Region.“
Überdies engagierten sich das Unternehmen sowie die Schule für einen „verantwortungsvollen und bewussten Umgang mit unseren Ressourcen und die Nutzung alternativer Energiequellen. So betreibt die Solargenossenschaft „MESA Energie eG“ eine 20kWp Photovoltaikanlage auf dem Schuldach und unterstützt mit den Gewinnen nachhaltige Projekte in der Schule. “Das Thema Energiesparen ist in der Tat eines der Motive, warum sich Johannes Breidt für die Anschaffung des Raspberry Pi eingesetzt hat. Im Gegensatz zum herkömmlichen Heim-Computer, der eine Leistungsaufnahme zwischen 180 und 360 Watt haben kann, sind es bei der 30 Euro teuren Miniatur-Version gerade mal drei Watt. Ebenso wichtig für den Lehrer: „Da wir hier mit dem offenen Linux-Betriebssystem arbeiten können, ist es den Schülern möglich, als Administratoren sehr viel auszuprobieren, zu verändern und zu verstehen. Das ist bei dem geschlossenen Betriebssystem „Microsoft Windows“ oft nicht möglich.
Netzwerk, USB-Anschluss, Festplatte – alles vorhanden. So haben die Schüler vollen Zugriff, können etwa auch Partitionierung und Dateisysteme ändern. „Der Raspberry macht alles möglich, was wir benötigen. Gut, er ist ein wenig langsamer als die üblichen PCs. Aber wir benutzen ja beispielsweise auch keine aufwändigen Bildverarbeitungsprogramme.“ Zwar funktionieren reine Windows-Programme bei dem starken Kleinen nicht, aber dafür gibt es dort ebenso Firefox, OpenOffice und unendlich viele kostenfrei Spezialprogramme – etwa für CAD oder Musikverarbeitung.
Mit allem Zubehör 60 Euro pro Gerät – für eine Schule in der heutigen Zeit für mehrere Schüler gewiss kein Pappenstiel; allerdings ist dieser Preis ein weiterer Fingerzeig in die Zukunft der ahnen lässt, dass in Bälde der Computer endgültig ein für breite Bevölkerungsschichten verfügbarer Massenartikel werden wird – wahrscheinlich selbst in Dritte-Welt-Ländern, in denen teilweise schon Programme wie der „100-Dollar-Laptop“ aufgelegt sind.
Die Schüler der Max-Eyth-Schule finden das Arbeiten mit dem Raspberry schon mal gut. Übrigens sind es tatsächlich allesamt Schüler. „Da man in dem Fach Verständnis für Mathe und Technik brauch, scheinen die Mädchen weniger Interessen zu haben. Die findet man in unserer Schule eher in den Bereichen Pädagogik, Ernährung und Gesundheit“, beschreibt der 18-jährige Max Krug ein Stereotyp, dass offenbar nicht so einfach zu knacken ist. „Es ist schon interessant, wie man auf diesem Gerät Erfolge als Administrator erzielen kann“, bestätigt Frederik Sannecke. „Man kann ihn auch nebenbei als Medien-Server für Filme in Full-HD und für Musik verwenden“, ergänzt Patryk Szymanek.
Wie praktisch – der Zweit-PC für die Hosentasche …