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2010

Erneute Partnerschaftsreise von MES und Weltladen nach Ghana

Die MES und Weltladen-Reisegruppe mit den Lehrern der Margeret-Buechner Schule in Duayaw Nkwanta.

Zum zweiten Mal nach 2008 konnte dank Förderung als Europaschule und mit freundlicher Unterstützung des Deutschen Evangelischen Entwicklungsdienstes eine dreiwöchige Studienreise von Lehrern und Schülern der MES und eines Mitarbeiters des Weltladens Alsfeld zur Partnerschule in Duayaw Nkwanta im Landesinnern von Ghana realisiert werden. Mit Spendengeldern von Schülern und Lehrerschaft der MES sowie des Weltladens können dort drei junge Frauen ihre drei- bzw. vierjährige Ausbildung als Schneiderinnen und im Bereich Catering absolvieren.

Zweck der Reise war, die Partnerschaft durch einen achttägigen Aufenthalt an der Schule zu intensivieren. Außerdem stand dank freundlicher Einladung der Firma HPW Ghana der ganztägige Besuch einer Fairhandels Ananasplantage ebenso auf dem Programm wie die Besichtigung von durch ECASARD betreuten landwirtschaftlichen Genossenschaften wie Kakaoanbau und Palmölproduktion. Nach intensiver zehnmonatiger Vorbereitung ging es am 1.10. per Flugzeug von Frankfurt über Rom und Lagos nach Accra. In der Aklimatisierungsphase erfolgten Empfänge beim Direktorium der Presbyterianischen Kirche Ghanas und beim Vocational Training for Females, dem kirchlichen Berufsausbildungsinstitut für junge Frauen, welches die Gruppe während des gesamten Aufenthaltes betreute. Natürlich wurden auch einige touristische Ziele besucht wie die Shai-Hills, ein Naturschutzreservat mit heiligem Berg, die Boti-Wasserfälle und der Voltastaudamm. Schon in dieser Phase der Reise bestand die Möglichkeit des intensiven Kontaktes mit den überaus netten und gastfreundlichen Menschen aber auch das Kennenlernen chaotischer Verkehrsverhältnisse in und um die Landeshauptstadt Accra und abenteuerlicher Straßen im Hinterlandinterland. Der Besuch der Fair-Handels-Ananasplantage, der Bomarts-Farm, führte anschaulich vor Augen, wie die Kriterien des Fairen Handels vorbildlich zum Wohle von ca. 500 Farmarbeitern umgesetzt werden. Von dem Fair-Trade-Zuschlag wurden für sie ein Kindergarten, zwei Grundschulen, eine Gesundheitsstation und eine öffentliche Bedürfnisanstalt eingerichtet. Außerdem vergeben sie Kleinkredite an die Plantagenarbeiter, damit diese z.B. das Schulgeld für ihre Kinder bezahlen können und letztendlich sponsern sie die plantageneigene Kantine, so dass jeder Arbeiter gegen ein geringes Entgelt täglich eine warme Mahlzeit erhält.

 

Dann war es endlich so weit, unter großer Wiedersehensfreude begann der Besuch

beim Margret Büchner Vocational Institut for Females in Duayaw Nkwanta, welches die drei

Lehrkräfte bereits vom vorigen Besuch kannten. Es wurde eine Willkommensfeier organisiert, wo sich viele Menschen zur Begrüßung mit Essen und Tanzen einfanden. Eine Woche des gemeinsamen Lernens, Spielens und des persönlichen Kennenlernens folgte. Groß war die Freude für die unter einfachsten Bedingungen arbeitende Schulleiterin, als sie aufgrund einer

Spende der Reisegruppe eine Kühl-Gefrierkombination, einen Mixer und einen Satz

Küchenmesser für ihre Ausbildungsküche in Empfang nehmen konnte. Durch Vermittlung der Schulleiterin Christiana Boateng konnte die Gruppe die Queen Mother, das traditionelle Oberhaupt des Ortes, die sich hauptsächlich mit den Belangen der Frauen auseinandersetzt und den District Chief, eine Art Bürgermeister, treffen. Der Bummel über den großen Freitagsmarkt und insbesondere der unter großem Hallo erfolgte Besuch des fast vierstündigen fetzigen Sonntagsgottesdienstes, der im Vergleich zu Deutschen Gottesdiensten ziemlich ungewohnt war, da in fast vier Stunden viel Livemusik gespielt, gesungen und getanzt wurde und wo zu mehreren Spendendurchgängen die Kirchenbesucher und insbesondere die Frauen in ihren tollen, farbenprächtigen Gewändern zum Opferstock tanzten, machten die Gruppe zur Attraktion des Städtchens. Überall wurde man freundlich begrüßt und zum Fotografieren aufgefordert. Da man als weiteres Studienprojekt das Gesundheitswesen näher kennen lernen wollte, erfolgten Besichtigungen der großen örtlichen Klinik mit Kinderstation und einer ländlichen Krankenstation, die insbesondere werdende und junge Mütter aus einem fünfzehn Kilometer weiten Einzugsbereich betreut. Ungern erfolgte die notwendige Weiterreise, um in Kumasi weitere kirchliche Institutionen und ein im Bau befindliches Ausbildungshotel für Lehrer zu besuchen. Bewundernswert empfand die Gruppe das Engagement eines ghanaischen Urologen der nach Studium in Gießen und zweijähriger Arzttätigkeit am Klinikum Bad Hersfeld über Spenden eine komplette Krankenhausausrüstung zusammengetragen hat und nun in einer ehemaligen Privatklinik in Kumasi eine urologische Klinik betreibt und zu recht stolz sein Haus vorstellte. Bevor am 21. und 22. Okt. die großen Verabschiedungen von den Gastgebern und die unvermeidliche Rückreise anstanden erfolgte noch ein besinnlicher Ausklang in einem Beach Resort an der sehr schönen Küste bei Elmina und Cape Coast, nicht ohne noch ein Mikrokreditprojekt und ein Regenwaldreservat zu besuchen. Die Erinnerung bleibt an ein Ghana im Umbruch, überschüttet mit westlichen Konsumgütern, wenig eigener Industrie, einer großen Kluft zwischen „reichen“ Städten und armer Landbevölkerung, Leben an der Armutsgrenze und zum Teil katastrophalen Arbeitsbedingungen z.B. bei der kleinbäuerlichen Palmölproduktion. Es überwiegt aber die Erinnerung an eine sehr interessante und informative Studienreise in einem schönen Land mit netten, gastfreundlichen und stolzen Menschen.

05.11.2010 Oberhessische Zeitung
03.11.2010 Text: Gerd Heylmann und Kerstin Dietrich, Bild: Dr. Christoph Stüber