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2008

Kaum Zeit, um sich einzugewöhnen

Gruppenarbeit ist auch bei der Ausbildung zum <br /> Chemisch Technischen Assistenten angesagt. Fotos: kp

Einige Abiturienten stürzten sich in die auf ein Jahr verkürzte Ausbildung zum Chemisch-Technischen Assistenten

Pressespiegel: Oberhessische Zeitung vom 12.04.2008

Kati Paschke ALSFELD. Ist eine Ausbildung in halber Zeit sinnvoll? Kommt man überhaupt mit dem Unterrichtsstoff nach oder sofort ohne weitere Probleme mit? Was spricht dafür und was dagegen, eine Ausbildung verkürzt zu erlernen? An der Max-Eyth-Schule in Alsfeld gibt es für Schüler, die das Abitur absolviert haben die Möglichkeit, den Beruf des Chemisch Technischen Assistenten (CTA) verkürzt zu erlernen. Statt regulär zwei Ausbildungsjahren kann man direkt nach dem Abitur das zweite Lehrjahr beginnen. Die Ausbildung mit dem Schwerpunkt Umweltanalytik beinhaltet Fächer wie Mikrobiologie, Analytik, An- und Organische Chemie sowie Physikalische Chemie, aber auch "normale" Schulfächer wie Mathe und Physik. Abgesehen von den theoretischen gibt es auch praktische Fächer wie Praxis der Umweltanalytik Wasser, die im vorhandenen Labor in der Schule unterrichtet werden. Die Ausbildung endet im Mai mit fünf Abschlussprüfungen.
Einige der Abiturienten des Abschlussjahrganges 2007 nutzen diese Chance einen Beruf in nur einem Jahr zu erlernen und meldeten sich noch vor den Sommerferien für die Ausbildung an. Eine der acht "CTA-Neulingen" ist Nina-Kristin Kalkstein. Die aus Immichenhain stammende 20-Jährige berichtet: "Ich habe mich schon immer für chemische und mathematische Fächer interessiert. Und da ich nicht wusste was ich sonst machen sollte, habe ich mich für CTA eingeschrieben." Auch Tatjana Römer (19, Schwalmstadt) entschied sich für die Ausbildung, da sie schon "immer gern Chemie in der Schule gemacht hat". Bei Ludmilla Math (21, Neustadt) hingegen hatte die Entscheidung ganz andere Hintergründe: "Es war eher als eine Notlösung gedacht, denn um ein Ausbildungsplatz habe ich mich nicht rechtzeitig gekümmert und zum Medizinstudium hatte ich nicht den notwendigen NC".
Für sie alle hieß es dann vier Monate später die gleiche Schule zu besuchen, der sie nun schon seit drei Jahren jeden Tag einen Besuch abgestattet hatten. Doch es war eine relativ große Umstellung, denn überwiegend stand nun Laborarbeit statt Klassenunterricht auf dem Stundenplan. Langes Stehen und Experimentieren war für die meisten ungewohnt und anstrengend. Unterrichtswissen wurde vorausgesetzt, doch die Abiturienten hatten seit der elften Klasse kein Chemie mehr gehabt und mussten sich langsam wieder in die Materie hineinarbeiten. "Dem Unterricht konnte ich teils, teils folgen. Zum einen bin ich hinterher gekommen, aber zum anderen braucht man auch gewisse Vorkenntnisse, die mir fehlten", so Tatjana. Jedoch hatten die Schülerinnen mit dem Leistungskurs im Abitur Ernährung schon gewisse Vorkenntnisse wie Nina schildert: "An sich bin ich mit dem Stoff gut mitgekommen, da ich durch Ernährung im Abi schon viele Vorkenntnisse zum Beispiel zu Fetten und Kohlenhydraten hatte". Ein weiterer Mitschüler fügt hinzu: "Am Anfang war das echt hart, doch nach jetzt schon einem halben Jahr später ist der Wissensunterschied nicht mehr so groß". Positiv ist auf jeden Fall, so die werdenden CTA, dass man eine Ausbildung in kürzester Zeit hat. "Schlecht sind lange Unterrichtszeiten, die fehlenden Vorkenntnisse und die oft anfallenden Protokolle, die zu schreiben sind", erklärt Ludmilla. Eine weitere Schülerin schildert weiter: "Negativ ist auch, dass man kaum Zeit hat, sich einzugewöhnen und eigentlich sofort von 0 auf 100 dabei sein muss."
Drei der neuen Chemisch-Technischen Assistenten wollen in dem Bereich auch anschließend arbeiten, die restlichen nutzten die Möglichkeit, schnell einen Beruf zu erlernen oder als Überbrückungszeit zum Studium.
Tatjana äußerte als Einzige: "Ich hätte im Nachhinein doch lieber zwei statt einem Jahr gemacht." Die anderen sind mit einem Jahr völlig zufrieden. So auch Ludmilla: "Wenn ich noch mal wählen dürfte, würde ich trotzdem die Ausbildung nicht zwei Jahre machen, da dies nichts für mich ist. Doch einen Beruf zu haben kann nicht schaden, man weiß ja nicht wie das Leben noch so kommt." Weiterhin sagt eine zukünftige Chemisch Technische Assistentin: "Vom Verständnis her wäre es sinnvoller zwei Jahre zu haben, aber da ich persönlich diese Ausbildung sowieso nicht noch mal machen würde ist mir ein Jahr ganz recht." Nachteilig für die "Neuen" ist auch, dass in der Abschlussprüfung auch Themen aus dem ersten Lehrjahr gefragt werden können, die man sich selber aneignen muss.
In meinem Fazit jedoch spreche ich eindeutig für die Ausbildung in halber Zeit. Falls man festgestellt hat, sich falsch entschieden zu haben, so kann man sich ein Jahr hindurch quälen, ohne dass sehr viel Zeit verloren geht. Denn eine schulische Ausbildung heißt auch, dass sie oft unbezahlt ist und man somit kein Einkommen hat, von dem man beispielsweise Miete zahlen kann. In manchen Fällen wird dann staatliche, finanzielle Hilfe benötigt. Doch jeder Jugendliche kann sich glücklich schätzen, in der heutigen Zeit eine Ausbildung zu bekommen, und dann auch noch in nur einem Jahr. Mit Interesse und Engagement kann man auch dies schaffen.
Weitere Informationen zu dieser Ausbildung bei uns

Quelle: Oberhessische Zeitung vom 12.04.2008