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2008

Bei Problemen: Der Raum 500 steht allen Schülern offen

Beim Gespräch in den neuen Beratungsräumen in <br />der Max-Eyth-Schule: <br />Ralf Becker, Friedhelm Miebach, Manfred Görig <br />und Klaus Schache (von links). Foto: gsi

Schülerberatungsstelle an der Max-Eyth-Schule eingerichtet – Mangel an Sozialpädagogen – Fehlende Unterstützung durch die Politik beklagt

Pressespiegel: Oberhessische Zeitung vom 20.12.2008

ALSFELD (gsi). Mit einer dicken Mappe voll Schriftwechsel mit Ämtern und Trägern erschien Friedhelm Miebach, Leiter der Max-Eyth-Schule, am Donnerstag zu einer kleinen Feierstunde, in der der Raum 500, der die Schülerberatungsstelle der Schule beherbergt, offiziell seiner Bestimmung übergeben wurde. Seit den Herbstferien bieten Lehrer, Schulpfarrer, Sozialpädagogen und Schülervertreter dort Schülern ehrenamtlich ihre Hilfe in unterschiedlichsten Problemfeldern an – neben ihren eigentlichen Aufgaben an der Schule. Neben den engagierten Kräften nahmen auch Lehrer der Lauterbacher Vogelsbergschule an der Veranstaltung teil sowie Alsfelds Bürgermeister Ralf Becker und der ehemalige SPD-MdL Manfred Görig.
Miebach betonte, dass die Einrichtung dieser Schülerberatungsstelle kein Grund zum Jubeln sei, man habe hart dafür gearbeitet, von öffentlichen Stellen dagegen fühle man sich allein gelassen. Die mangelnde Unterstützung zeige sich nicht nur darin, dass die Lehrer den Raum eigenhändig zu einem ansprechenden, warmen Ort der Begegnung umgestaltet haben, sondern - was viel schwerer wiege – in der unzureichenden personellen Ausstattung mit mindestens einem Sozialpädagogen. Derzeit arbeiteten zwar auch Sozialpädagogen vor Ort, jedoch im Rahmen des EIBE-Programms (Programm zur Eingliederung in die Berufs- und Arbeitswelt), wo sie eigentlich nur für in dieses Programm eingebundene Schüler zuständig sind.
Und so formulierte Miebach gemeinsam mit Klaus Schache, als Schulpfarrer und Beratungslehrer für Sucht- und Drogenprävention Mitinitiator der Einrichtung, eine klare Forderung an die Politik: Sie dürfe sich den Problemen von Schülern und jungen Heranwachsenden nicht verschließen, sondern müsse den Schulen Mittel an die Hand geben, um ihnen zu helfen.

Deutlich erging die Forderung an den Kreis, in die Drittel-Finanzierung, die das Kultusministerium angeboten hat und die in anderen Kreisen schon praktiziert werde, einzusteigen: Danach würden je ein Drittel der Kosten für eine Sozialpädagogenstelle vom Land, vom Kreis und von den Kommunen getragen, was auch von Bürgermeister Becker unterstützt würde. Manfred Görig sagte zu, das Problem in die Verhandlungen über den Haushalt im Kreis einzubringen.
Die wachsenden Probleme junger Menschen seien, darin waren sich alle Anwesenden einig, auch nicht nur das Problem der Max-Eyth-Schule oder der Lauterbacher Vogelsbergschule, die an dem Projekt teilnimmt.
Bereits in Grundschulen werde inzwischen deutlich, dass viele Kinder in sozial problematischen Umgebungen aufwüchsen und entsprechenden Beratungsbedarf hätten. Jedoch wiesen die engagierten Lehrkräfte und Pädagogen deutlich darauf hin, dass viele der Probleme, die sie versuchen, gemeinsam mit ihren Schülern zu lösen, nichts mit der sozialen Herkunft zu tun haben: Es gehe um Abschiebung, um Schwangerschaft, um Missbrauch, um Auszug aus dem Elternhaus oder um Kummer mit dem Freund genauso wie um Drogensucht, Angst vor Schulversagen oder Suizidgefährdung.

Ein weites Feld also, dem die ehrenamtlich tätigen Lehrer und Pfarrer weder von Ausbildung noch zeitlichen Möglichkeiten im notwendigen Rahmen nachkommen können. Wer sich jedoch als Verantwortlicher - und hier sehen alle Beteiligten die Politik an erster Stelle – vor dieser Erkenntnis und den daraus zu ziehenden Konsequenzen, nämlich der fachlichen Unterstützung und der finanziellen Ausstattung einer Beratungsstelle, drücke, werde langfristig viel schwerwiegenderen gesellschaftlichen Problemen gegenüberstehen.
Die Schule, so führte Sozialpädagogin Kerstin Pfeiffer aus, sei der Ort, an dem jungen Menschen regelmäßig eine lange Zeit verbringen. Sie sei somit prädestiniert, erster Ansprechpartner bei Problemen zu sein und gewährleiste Kontinuität beim Lösen längerfristiger Angelegenheiten.
Außerdem, fügte Friedhelm Miebach hinzu, seien es die Schulen, nach denen bei Auffälligkeiten ihrer Schüler zu allererst gerufen würden. Mit ihrer Verantwortung den Schülern gegenüber, die sie auch wahrnehmen wollten, sehen sie sich jedoch allein gelassen. Die nun geschaffene Stelle in der Max-Eyth-Schule biete dazu eine erste Möglichkeit, wenn auch, da sind sich alle Mitarbeiter des Arbeitspakets einig, als Provisorium, für dessen dauerhafte Umsetzung die nötigen Mittel bereitzustellen sind.
Friedhelm Miebach jedenfalls hofft, dass er seine dicke Mappe bald schließen kann.

Quelle: Oberhessische Zeitung vom 20.12.2008