"Theater spielen? Nee, das ist doch nur was für Mädchen und Weicheier, außerdem ist das voll altmodisch!" Solche und ähnliche Kommentare bekamen wir oft zu hören, als wir mit einer Theater-AG auf der Suche nach Jungen waren, da wir männliche Rollen zu vergeben hatten. Ist das wirklich so oder wollen manche Jungen nur nicht zugeben, dass sie sich nicht trauen auf der Bühne zu stehen und in andere Rollen zu schlüpfen?
Der 19 jährige Tristan Detroy ist einer der Jungen, die sich dies trauen. Zuerst erklärt er, dass Theater spielen natürlich nicht nur für Mädchen ist. Früher hätten doch sogar nur Männer Theater spielen dürfen und schlüpften dafür auch in Frauenrollen. Seit einem halben Jahr ist er nun der Theater-AG der Max-Eyth-Schule. Er musste einen Wahlpflichtkurs an seiner Schule wählen und entschied sich für das Schauspielern, da er es interessant findet und sich dabei austoben kann. "Außerdem hat meine Mama gesagt, dass ich Talent dazu habe“, fügt er mit einem Grinsen hinzu. Es macht Tristan Spaß, "in andere Rollen zu schlüpfen und sich in sie hineinzuinterpretieren“. Vor allem, wenn diese Rollen ganz anders sind, als man es selbst ist.
Auch für Arthur Krieger, 20 Jahre, ist es eine Herausforderung, in fremde Rollen zu schlüpfen und diese so gut und realistisch wie möglich rüberzubringen. Aus Lust, es einmal auszuprobieren, trat er vor eineinhalb Jahren einer Theater-AG bei und stand mittlerweile schon etwa acht Mal auf der Bühne, wenn auch mehrmals mit demselben Stück. Das Auswendiglernen ist für ihn kein Problem und richtiges Lampenfieber hatte er nur vor seinem ersten Auftritt. Trotzdem fühlt er sich, bevor er die Bühne betritt, etwas aufgeregt, aber auch gut, da man "lange auf diesen Moment hingearbeitet hat“. Insgesamt kann Arthur nur weiterempfehlen, es auszuprobieren, da man "offener wird und lernt, anders auf Dinge einzugehen“.
"Durch das Theaterspielen kann man außerdem mal sein, wie man es sonst vor Bekannten oder in der Öffentlichkeit nicht sein kann“, sagt die 18 jährige Tanja Vornberger, "und man muss sich nicht für sein Verhalten rechtfertigen, da man eine Rolle spielt“. Sie begann schon mit fünf Jahren Theater zu spielen, wenn auch anfangs unregelmäßig. Obwohl sie bereits Tanz- und Musicalauftritte hat, war sie von einer Theateraufführung begeistert und wartete schon lange darauf, alt genug zu werden, um der Theater-AG der Max-Eyth-Schule beitreten zu können. Auch Tanja ist fasziniert von der Gruppenarbeit und dem Spaß, den diese mit sich bringt, außerdem ist es “ein schönes Gefühl, auf der Bühne zu stehen“. Probleme mit dem Auswendiglernen hat sie nicht, weil "man sich so gut in seine Person versetzen kann, dass man weiß wie sie handeln würde, man also in ihr ist“. Aus diesem Grund ist Selbstbewusstsein vielleicht sogar eine wichtigere Voraussetzung als Talent, da man sich natürlich trauen muss vor einem Publikum aufzutreten, unabhängig davon, was für einen Charakter man verkörpert. Wenige Tage oder Stunden vor Auftritten ist sie zwar nervös, dies lässt jedoch etwa eine halbe Stunde vorher nach. Dann spürt sie Vorfreude und sieht ihrem Auftritt gelassen entgegen. Als ich Tanja zwischen Fernseher und Theater wählen lasse, entscheidet sie sich sofort für Theater. "Theater hat ein ganz anderes Flair als Fernsehen. Es gibt mehr Emotionen und es kommt natürlich auf die Zusammenarbeit an, außerdem ist es nicht so alltäglich wie Fernsehen!“.
Interesse und Mitschüler brachten auch Matthias Zinßer vor zwei Jahren auf die Idee, mit dem Theaterspielen zu beginnen. Für den 19 jährigen liegt der Reiz ebenfalls darin, sich in andere Charaktere hineinzuversetzen, "wobei man immer etwas eigenes findet, was man einbringen kann“. Außerdem macht es ihm Spaß mit seiner Gruppe zu proben, da sie bunt gemischt ist und trotzdem zusammenpasst. Nervosität spürt er nur vor einem Auftritt, "wenn man jedoch erst einmal auf der Bühne steht und angefangen hat zu spielen, geht alles von selbst“. Auf die Frage, ob es schwierig für ihn sei, sich in seine Rolle zu versetzten und seine Texte auswendig zu lernen, antwortet er, dass man "als Laie natürlich nicht die Voraussetzungen hat, deshalb hängen Proben und Gelingen natürlich auch davon ab, wie gut der Regisseur ist“.
Auch Anselm Laube spielt, zusammen mit den anderen, bereits seit zweieinhalb Jahren Theater. Ein Stück, das er gesehen hatte, beeindruckte ihn so, dass er es selbst probieren wollte. Spaß an der Sache, die Gruppengemeinschaft und auch die Erfahrungen, die man beim und durch das Theaterspielen sammelt, bewogen ihn dazu, dabeizubleiben. "Das Auswendiglernen geht schon“, aber es ist auch interessant, improvisieren zu können und man sammelt viele Erfahrungen durch die intensive Gruppenarbeit!
Und nicht nur das. "Theater spielen ist auch ein Ausgleich“, so der 17 jährige Tobias Kauer. Man kann aus sich rausgehen und verschiedene Rollen spielen. "Es ist schön, sich mal in jemand anderen rein zu denken, jemand anderes zu sein." Ebenso wie Anselm und Tanja war er von einem Theaterstück beeindruckt und entschied sich deshalb vor eineinhalb Jahren dazu, auch damit anzufangen. Seitdem stand er sechsmal mit einem Stück auf der Bühne. Auch Tobias ist vorher aufgeregt, wenn man aber erstmal auf der Bühne steht ist man "voll drin und überlegt gar nicht mehr, wie man wirkt. Man schaltet sein Hintergrunddenken ab und ist in seiner Rolle" Viele fragen sich jedoch, ob man Talent braucht oder ob Übung ausreicht, um Theater spielen zu können. Tobias denkt, dass dies vom Stück abhängig ist und davon, ob man darin selbst kreativ sein muss oder sich nur an konkrete Vorgaben zu halten hat. Außerdem sollte man sich natürlich in andere Rollen versetzen können, da eine gewisse Atmosphäre geschaffen werden soll und das Stück oder die einzelne Person wirken sollen.
Wie man sieht, ist Theaterspielen also natürlich etwas für beide Geschlechter und meist weitaus interessanter als einfach den Fernseher einzuschalten und sich dort immer die gleichen, inhaltslosen Soaps anzusehen. Man versetzt sich selbst in andere Rolle und kann sehen, wie gut und realistisch es gelingt, außerdem lernt man so, sich auch in andere reale Menschen und deren Situationen hineinzuversetzen. Und was schon ein Stück wie "Romeo und Julia" mit zwei männlichen oder zwei weiblichen Hauptdarstellern oder als langweilige Telenovela?
Text und Foto: Lisa Schmidt