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2003

Studienfahrt der Karosserie- und Fahrzeugbauer- Auszubildenden Mittelhessens nach Spišská Nová Ves

In der Fertigung bei Embraco

Die Grossgruppe SK,CK,D vor der Firma Embraco

Beim Bushersteller

Begegnung mit östlicher Arbeit und Kultur

Schüler der Fachklasse "Karosserie- und Fahrzeugbauer Mittelhessens" an der Max-Eyth-Schule Alsfeld führten mit ihren Lehrern Bernhard Becker und Wolfgang Herbst vom So. 01.06.2003 bis Sa. 07.06.2003 eine Studienfahrt und Gegenbesuch in die Slowakei durch. Begleitet wurde die Gruppe von Thorsten Frank, Meister beim Ausbildungsbetrieb Hartmann Spezialkarosseriebau. Ziel der Fahrt war die Berufsschule und die Stadt Spišská Nová Ves, die auch Partnerstadt von Alsfeld ist. Mit der dortigen Berufsschule ist die Max-Eyth-Schule seit 1994 Jahren partnerschaftlich verbunden. Der Besuch war fachlich eingebunden in das Lernfeld "Neubau von Kleinbussen und Karosserieinstandsetzung von Großbussen", das Kennenlernen der östlichen Kultur und der Völkerverständigung mit den Menschen Osteuropas, so auch zum besseren Verständnis in der Klasse und im Betrieb mit den Mitschülern und Arbeitnehmern aus Aussiedlerfamilien. 

Nachdem die Reisegruppe mit der Bahn angereist war (24 Stunden Reisezeit), stand am Montag der Besuch der Partnerschule an. Nachmittags wurde eine Stadtbesichtigung durchgeführt. Die Stadt erinnerte dabei an die demokratische Vergangenheit im 15 Jahrhundert wo von den Zipsern eigene demokratische Regeln aufgestellt wurden, die das friedliche Zusammenleben von Ungarn, Slowaken, Juden, Deutschen, Rumänen und Weißrussen gewährleistete - also schon ein kleines Europa. (Die Zipser waren ca. 25 freie Städte, so wie heute Luxemburg in Europa.) Der Empfang bei der neuen Bürgermeisterin fand am Mittwoch statt. Sie hofft auf einen guten Start beim Europabeitritt im Mai 2004.

Die fachlichen Highlights waren die Besichtigungen der Firmen Embraco (www.embraco.sk) und eines Busherstellers in Levoca. Embraco baut Klimaanlagen und die Kompressoren dazu. Mit 2000 Mitarbeitern werden im hochmodernen Betrieb ca. 9000 Kompressoren pro Tag gebaut. Die Besichtigung war ein kleines Jugend-Europa mit drei Schülergruppen aus Caslav in Tschechien (www.sps-caslav.cz, bei Prag), der Berufsschule in Spišská(www.strojsnv.sk) und der Max- Eyth- Schule in Alsfeld,  alles Partnerschulen der Berufsschule in Spišská. In der anschließenden Diskussion ging es um das gemeinsame Europa ab Mai 2004 und hier besonders um die Arbeits- und Lebensbedingungen. Die freie Arbeitsmöglichkeit wurde sehr begrüßt. Ab Mai 2004 kann jeder ohne Visum frei in Europa arbeiten. Er muss nur Arbeit, Wohnung und Versicherung nachweisen. Das Hauptproblem sahen die Jugendlichen in den zu schnell steigenden Preisen und den zu geringen Löhnen. Der Mindestlohn beträgt ca. 250 Euro pro Monat und mind. 1/3 ist für die Wohnung zu bezahlen.

Der Bushersteller in Levoca (Früher Leutschau, von: Leute schaut ob Feinde kommen) zerlegt alte Reisebusse aus der Slowakei und Deutschland bis auf das Gerippe und renoviert sie von Grund auf. Alle zu ersetzenden Blechteile oder Polster werden von Hand selbst gefertigt und ersetzt. Die Busse werden außerdem auch mit Klimaanlage, Miniküche, Videotechnik und ABS/ASR modernisiert. Eine Grundrenovierung kostet ungefähr 65 000 Euro und dauert drei bis vier Wochen. Beeindruckt waren die Schüler insbesondere von dem hohen Anteil an Handarbeit. Selbst schwere Rundungen an Bussen werden von Hand gefertigt, da in der Regel dort die Arbeitskraft billiger ist als der Materialzukauf. Der Stundenverrechnungssatz liegt dort bei 5 bis 10 Euro, bei uns ist er um das 7-fache höher. Die Lebenshaltungskosten sind erheblich günstiger als in Deutschland. So kostet z.B. ein Essen mit Getränk ca. 2,8 Euro. Aber die Preise steigen jedes Jahr um ca. 8%.

Am Dienstag und Donnerstag konnten die Schüler die Naturschönheiten der Umgebung kennen lernen. Es fanden zwei anstrengende Wanderungen und ein Kräftemessen durch das Slowakische Paradies und in die Hohe Tatra statt. Gefahren wurde umweltbewusst mit öffentlichen Verkehrsmittel, die sehr gut ausgebaut sind. Private PKWs sind großer Luxus. Schon die Parkgebühren in der Stadt und auf Parkplätzen sind genau so hoch wie die Kosten für Bus und Bahn. In der Freizeit entstand ein reger Kontakt mit Jugendlichen der Gegend und der Schule in englischer und deutscher Sprache.

Noch am letzten Tag vor unserer Abreise hatten wir die Gelegenheit, den Kleinbushersteller Rosero in Spiska (www.rosero.sk) zu besuchen. Die Firma besteht seit 5 Jahren als reines Privatunternnehmen. Sie bauen kleine Reisebusse für den Tourismus der Slowakei mit Klimaanlage und allem Luxus im europäischen Qualitätsstandard. Das Fahrgestell war von Mercedes-Sprinter und Iveco-Dealy. Sie renovieren auch Großbusse, besonders die Marke Bova, zu 1/4 des Neupreises.

Neben den fachlichen Besichtigungen bearbeiteten die Schüler in der freien Zeit und abends 132 Aufgaben zu den Lernfeldern und Lernsituationen der Zwischen- und Gesellenprüfung.

Text und Foto: B. Becker